Deutlich geringere Hospitalisierungsquote in England und Dänemark

London/Kopenhagen. Dass Omikron anders ist als die davor aufgetretenen Mutationen, war bereits wenige Tage nach der Entdeckung der neuen Virusvariante in Südafrika klar. Die enorme Zahl der Veränderungen am Spike-Protein ließ bei Virologen rasch die Vermutung aufkommen, dass Omikron die Immunabwehr des Körpers leichter umgehen kann, die ersten Beobachtungen aus Südafrika legten gleichzeitig nahe, dass die neue Variante deutlich infektiöser sein dürfte.

Doch die Annäherung an Omikron war trotz der beispiellosen globalen Vernetzung von Wissenschaftern über Wochen hinweg auch ein Stochern im Nebel. Denn wie krank die neue Corona-Variante tatsächlich macht, war zunächst kaum abschätzbar, da die Zahl der Krankenhauseinweisungen der Neuansteckungsrate teils mit gehörigem Zeitversatz hinterherhinkt. Und Südafrika, wo sich die Omikron-Welle am frühesten aufgebaut hatte, taugte auch nur bedingt als Kristallkugel, die den europäischen Ländern einen Blick in die Zukunft erlaubt. Die Bevölkerung in der größten Volkswirtschaft Afrikas ist nicht nur deutlich jünger, Epidemiologen gehen auch davon aus, dass sich fast alle Südafrikaner in der vorangegangenen Wellen bereits einmal mit Corona angesteckt haben.

Quelle: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2132980-Deutlich-geringere-Hospitalisierungsquote-in-England-und-Daenemark.html


Belastbarere Rückschlüsse darauf, wie schwer oder mild die Verläufe bei Omikron sind, liefern daher Großbritannien und Dänemark, wo sich die neue Variante bereits vor Weihnachten massiv ausgebreitet hat und dann mit atemberaubendem Tempo zum dominierenden Virusstamm wurde. Bestätigt hat sich dabei in beiden Ländern, dass Omikron deutlich ansteckender ist. So wurde in Großbritannien am Mittwoch mit mehr als 180.000 Neuinfektionen nicht nur ein neuer Rekord aufgestellt. Derzeit stecken sich auch fast drei Mal so viele Menschen wie am Höhepunkt der bisher schwersten Welle im Jänner 2021 an, als knapp 68.000 Fälle am Tag verzeichnet wurden.

Auch weniger Beatmete
Noch ein Stück weit deutlicher sind die Unterschiede in Dänemark. Wurden hier in den Winterwellen 2020/2021 in der Spitze 4.500 Fälle pro Tag verzeichnet, waren es am Mittwoch knapp 23.000. Bei den Krankenhausaufenthalten schlagen sich die neuen Rekorde allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß nieder. So liegen in den dänischen Spitälern derzeit rund 675 Covid-Patienten, am Höhepunkt der deutlich kleineren Winterwelle 20/21 waren es dagegen knapp 1.000 Menschen. Noch deutlicher sind die Relationen in den englischen Krankenhäusern. Im größten Landesteil des Vereinigten Königreichs gibt es derzeit fast 12.000 hospitalisierte Corona-Patienten, im Jänner 2021 mussten dagegen knapp 35.000 Menschen und damit mehr als dreimal so viele stationär behandelt werden.

Trotzem keine Entspannung für Spitäler
Dass Omikron offensichtlich weniger schwere Verläufe bewirkt, scheint sich schließlich auch schon bei den beatmeten Patienten zu zeigen. Mit knapp 800 ist deren Zahl in England seit dem Sommer nicht nur mehr oder weniger konstant geblieben. Der aktuelle Wert beträgt auch nur noch knapp ein Viertel des Höchstwertes vom Jänner 2020.

Entspannung für die Spitäler bedeutet das dennoch nicht, denn auch bei einer vergleichsweise niedrigen Hospitalisierungsquote könnte allein die schiere Zahl an neuen Fällen dafür sorgen, dass das Gesundheitssystem kollabiert. So will etwa der britische Gesundheitsdienst NHS nicht nur kurzfristig 1.000 Extra-Betten bereitstellen. Die Spitäler sollen nun auch prüfen, wo etwa Sporthallen oder Bildungseinrichtungen in provisorische Krankenstationen umgewandelt werden können.

Und auch die Zahl der wegen Corona ausfallenden Krankenhausmitarbeiter hat sich in Englans binnen eines Monats verdoppelt. Laut einer am Freitag vom Gesundheitsdienst NHS England veröffentlichten Bilanz befanden sich am 26. Dezember mehr als 24.000 Beschäftigte wegen einer Infektion oder eines Kontakts zu einem Infizierten in Isolation. Ende November waren es noch weniger als 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Entwicklung setzt das englische Gesundheitssystem zusätzlich unter Druck, da die Zahl der Krankenhauseinweisungen ja weiterhin steigt. Auch der Anstieg der Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern betrug binnen einer Woche 40 Prozent. Angesichts dieser Entwicklungen, "tun wir alles, was wir können, um Betten freizubekommen", sagte der medizinische Leiter des NHS, Stephen Powis.