„Ich sehe momentan kein Ende“: Fünf Experten geben Corona-Prognose für 2022

Mit Omikron gibt es, wieder einmal, zahlreiche düstere Pandemie-Prognosen. Wie lange geht das noch? FOCUS Online hat Experten gefragt, was sie für das Corona-Jahr 2022 erwarten und wann wir mit einem Ende der Pandemie rechnen können.

Ausblick auf 2022 – wie wird das neue Corona-Jahr?

Das neue Jahr wird leider gleich wieder fulminant mit Corona-Sorgen starten. Wir erwarten Mitte Januar eine heftige, neue Welle durch die Omikron-Variante. Die sieht man ja aus anderen Ländern schon jetzt auf uns zurollen. Ich befürchte deshalb, wir müssen mit Kontakt-Restriktionen ins neue Jahr gehen – und hoffe, es können sich bis dahin noch viele Menschen impfen lassen. Denn das Einzige, was helfen wird, ist eine frische oder eine Dritt-Impfung und Kontakte herunterfahren.

Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/coronavirus/pandemie-ausblick-2022-covid-ausblick-2022-fuenf-experten-sagen-was-uns-im-naechsten-jahr-erwartet_id_28756898.html


Wann ist ein Ende der Pandemie in Sicht?

Nach der Omikron-Welle wird es nicht mehr viele Menschen geben, deren Immunsystem das Virus noch nicht gesehen hat – sei es durch eine Infektion oder stimuliert durch eine Impfung. Das heißt, wir werden da durchgehen müssen. Danach wird das Virus dann aber (hoffentlich) endgültig zu einem saisonal im Herbst immer wieder auftretenden Virus, ähnlich wie das Grippevirus, werden .

Wie viele Menschen müssen sich bis zum Sommer noch impfen lassen, damit der Winter 2022 nicht wieder so dramatisch wird wie die letzten beiden?

Eigentlich jeder Erwachsene und auch alle Jugendlichen. Möglichst viele Menschen sollten sich jetzt möglichst bald noch impfen oder boostern lassen, um die aktuelle Delta-Welle in den Griff zu bekommen und die Omikron-Welle abzumildern. Und die hohen Infektionszahlen werden auch dafür sorgen, dass wir noch mehr Genesene haben. Im Frühjahr wird es dann auch einen auf die Omikron-Variante angepassten Impfstoff geben, den man einsetzen kann. All das wird uns auf den Herbst vorbereiten.

Was macht Ihnen Hoffnung? 

Ich finde es großartig, wie die meisten Menschen in Deutschland füreinander einstehen und sich in ihren Aktivitäten zurücknehmen, um andere zu schützen. Vor allem gilt das für die junge Generation, die selbst ja wenig Risiko hat, aber für die ältere Generation und die, die gefährdet sind, zurückgesteckt hat. Bei unseren Studenten sind weit über 90 Prozent geimpft – weil sie soziale Verantwortung übernehmen! Das macht doch Hoffnung für die Zukunft unserer Gesellschaft.

Ausblick auf 2022 – wie wird das neue Corona-Jahr?

Wir sehen zurzeit eine stabile Abnahme der Neuinfiziertenzahlen. Das ist erfreulich, aber wir erwarten den Peak bei Krankenhauseinweisungen, Intensivbettenbelegungen und Todesfällen erst in den kommenden Wochen, möglicherweise zwischen Weihnachten und Neujahr.

Es ist dringend geboten, die Neuinfiziertenzahlen schnell nach unten zu bringen, und wir sind leider sehr spät dran, weil in den Wochen vor und nach der Bundestagswahl wenig bis keine Maßnahmen getroffen wurden, um die sich aufbauende vierte Welle zu brechen. Die Notwendigkeit ist aus folgenden Gründen gegeben:
Die Krankenhäuser und vor allem die Intensivstationen müssen schnellstmöglich entlastet werden. Wir haben in manchen Regionen in Deutschland bereits eine weiche Triage, das heißt, Menschen werden schlechter versorgt wegen akuter Kapazitätsengpässe.
Die Omikron-Variante schickt sich an, sich auch in Deutschland schnell auszubreiten. Dafür müssen Kapazitäten freigemacht werden.
Wir benötigen Zeit, um die Impfungen (Erst- und Boosterimpfungen) flächendeckend zu verabreichen.
Das neue Corona-Jahr wird in der Anfangsphase noch einmal sehr anstrengend, durchaus vergleichbar mit der Übernahme des Infektionsgeschehens durch die Delta-Variante unter der dritten Welle Anfang 2021. Wir müssen uns gut vorbereiten, am besten durch flächendeckenden Impfschutz, und auch damit rechnen, dass eine vierte Impfung spezifisch gegen die Omikron-Variante notwendig werden wird. Auch ein kompletter Lockdown sollte nicht ausgeschlossen werden, um die zu erwartende Omikron-Welle brechen zu können.

Wann ist ein Ende der Pandemie in Sicht?

Durch die Ausbreitung der Omikron-Variante geht die Corona-Saison im Winter 2021/22 in die Verlängerung. Aber mit Abflachung des Infektionsgeschehens im Frühling und bei dann anlaufender Omikron-Impfung werden wir die Pandemie in den Griff bekommen und über den Sommer so weit kontrollieren, dass im Herbst/Winter 2022/23 nur noch eine kleine Welle kommen wird . Voraussetzung dafür sind flächendeckende Impfungen, am besten im Rahmen einer allgemeinen Impfpflicht.

Was macht Ihnen Hoffnung? 

Hoffnung macht die Aussicht auf eine allgemeine Impfpflicht.

Ausblick auf 2022 – wie wird das neue Corona-Jahr?

In letzter Zeit sind die Impfquoten ja erheblich angestiegen. Aber selbst wenn dieser erfreuliche Trend noch eine Weile anhält, wird er die Ausbreitung der hoch ansteckenden Omikron-Variante im Winter wahrscheinlich nicht mehr verhindern können. Es ist gut möglich, dass im Frühjahr oder Sommer ein Punkt erreicht wird, an dem alle, die nicht 2G sind, infiziert wurden.

Wann ist ein Ende der Pandemie in Sicht?

Das Ende der Pandemie wird wahrscheinlich der Anfang der Endemie, das heißt, das Virus würde dauerhaft bleiben. Dann wird es immer wieder zu kleineren oder größeren lokalen Ausbrüchen kommen, abhängig von der Anhäufung nicht genügend immuner Individuen. Ich denke nicht, dass es möglich ist, einen Zeitpunkt für diesen Übergang zu prognostizieren. 

Wie viele Menschen müssen sich bis zum Sommer noch impfen lassen, damit der Winter 2022 nicht wieder so dramatisch wird wie die letzten beiden?

Schon für Delta bräuchten wir eine Quote von circa 80 Prozent Geimpften. Bei Omikron eher über 90 Prozent, also circa 75 Millionen. Die Menschen sollten einen entsprechenden Schutz haben, also entweder geboostert sein oder der Abstand zur Zweitimpfung ist noch nicht so lange her. Ich kann mir aber vorstellen, dass Omikron selbst dafür sorgen wird, dass der notwendige Anteil an Immunen irgendwann erreicht wird, allerdings zu einem hohen persönlichen Preis.

Was macht Ihnen Hoffnung? 

Dass der überwältigende Anteil der Bevölkerung vernünftig ist, die Zusammenhänge versteht, und sich nicht auf die Politisierung von einfachen und logischen Präventionsmaßnahmen einlässt.

Ausblick auf 2022 – wie wird das neue Corona-Jahr?

Im ersten Quartal werden wir uns sicherlich mit der fünften Welle auseinandersetzen müssen, die durch Omikron hervorgerufen wird.

Wann ist ein Ende der Pandemie in Sicht?

Ich sehe momentan kein Ende. Im Sommer werden die Zahlen voraussichtlich wieder sinken. Meine Sorge ist, dass wir nächsten Winter wieder Ähnliches erleben.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Wenig. Die Gesundheitsämter kommen nicht mehr hinterher und haben die Kontaktpersonennachverfolgung weitgehend ausgesetzt. Wir geben hier ein essenzielles Instrument aus der Hand. So heruntergefahren und ausgedünnt, wie die Ämter sind, fehlt uns dieses Instrument in der Pandemiebekämpfung. Es gilt, die Strukturen ordentlich aufzustellen, personell wie technisch. Denn wir sollten nicht glauben, dass dies die letzte Welle ist. Wir müssen gewappnet sein – auch für die nächste Pandemie.

Ausblick auf 2022 – wie wird das neue Corona-Jahr?

Leider wird 2022 mit einer sehr großen Welle von Corona-Fällen beginnen. Omikron zeigt ja bereits jetzt in einigen Nachbarländern wie Dänemark oder Großbritannien welch hohes Ausbreitungspotential es hat. Ich hoffe sehr, dass wir alle der Situation angepasst agieren werden, um die Welle so flach wie möglich zu halten. Neben Impfungen werden Kontaktreduktionen hierfür extrem wichtig sein. Danach sollten wir im Sommer wieder eine deutlich bessere Situation haben.

Wann ist ein Ende der Pandemie in Sicht?

Die letzten großen Wellen dieser Pandemie waren jeweils durch das Aufkommen neuer Varianten verursacht. Gleichzeitig ist der Immunstatus in der Bevölkerung durch Impfungen und Infektionen kontinuierlich gestiegen. Das bringt uns langsam in Richtung einer endemischen Situation. Wann diese genau erreicht sein wird, hängt von vielen Faktoren ab (beispielsweise vorausschauendes Handeln aller unter Verwendung von AHA+L-Maßnahmen, Kontaktreduktion, Impfquote, oder gegebenenfalls das Auftreten neuer Varianten). Das Virus wird jede Gelegenheit, die wir ihm geben, nutzen.

Wie viele Menschen müssen sich bis zum Sommer noch impfen lassen, damit der Winter 2022 nicht wieder so dramatisch wird wie die letzten beiden?

Aus den Erfahrungen der letzten zwei Jahre sollten wir alle gelernt haben, dass wir gut vorbereitet in die kalte Jahreszeit gehen sollten. Eine möglichst hohe Anzahl von geimpften und geboosterten Personen ist sehr wichtig. Je höher, desto besser. Zusätzlich sollten wir alle durch unser Verhalten dazu beitragen, dass wir mit deutlich geringeren Infektionszahlen in den nächsten Herbst gehen. Je besser die Ausgangslage ist, desto entspannter kann auch die kalte Jahreszeit verlaufen.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Wir alle haben viel über das Erkrankungsgeschehen gelernt. Anfang nächsten Jahres werden wir speziell angepasste Impfstoffe für Omikron erhalten und die Entwicklungen von neuen Behandlungsmethoden und Medikamenten machen Fortschritte. Ich denke, dass wir zuversichtlich in die längere Zukunft blicken können.