VIROLOGE DROSTEN IM GESPRÄCH 2014: „Der Körper wird ständig von Viren angegriffen“

Redaktioneller Hinweis: Dieses Interview wurde im Mai 2014 geführt und bezieht sich auf das Coronavirus, das damals auf der arabischen Halbinsel grassierte und das Middle East Respiratory Syndrome (Mers) auslöste. Ein aktuelleres Interview mit Christian Drosten von Oktober 2020 vor dem Hintergrund des aktuell grassierenden Coronavirus Sars-Cov2 lesen Sie hier.

Wo liegen die regionalen Schwerpunkte der Erkrankung?
Außer der Aussage, dass die arabische Halbinsel sehr stark betroffen zu sein scheint, lässt sich bisher wenig sagen. Deshalb wird ja so intensiv geforscht. Auch die Fälle in Europa oder USA lassen sich alle auf Infektionen in der arabischen Region zurückführen. Allerdings muss man auch ganz klar feststellen: In dieser Region und vor allem in Saudi-Arabien wird momentan am intensivsten getestet.

Quelle: https://www.wiwo.de/technologie/forschung/virologe-drosten-im-gespraech-2014-die-who-kann-nur-empfehlungen-aussprechen/9903228-2.html


Was ja an sich kein Fehler ist, oder?
Nun ja. Es ist eben so, dass es bisher eine klare Fall-Definition gab, also ein striktes Schema, das festlegte, welcher Patient als Mers-Fall gemeldet wurde. Dazu gehörte zum Beispiel, dass der Patient eine Lungenentzündung hat, bei der beide Lungenflügel betroffen sind. Als in Dschidda Ende März diesen Jahres aber plötzlich eine ganze Reihe von Mers-Fällen auftauchten, entschieden die dortigen Ärzte, alle Patienten und das komplette Krankenhauspersonal auf den Erreger zu testen. Und dazu wählten sie eine hochempfindliche Methode aus, die Polymerase-Kettenreaktion (PCR).

Klingt modern und zeitgemäß.
Ja, aber die Methode ist so empfindlich, dass sie ein einzelnes Erbmolekül dieses Virus nachweisen kann. Wenn ein solcher Erreger zum Beispiel bei einer Krankenschwester mal eben einen Tag lang über die Nasenschleimhaut huscht, ohne dass sie erkrankt oder sonst irgend etwas davon bemerkt, dann ist sie plötzlich ein Mers-Fall. Wo zuvor Todkranke gemeldet wurden, sind nun plötzlich milde Fälle und Menschen, die eigentlich kerngesund sind, in der Meldestatistik enthalten. Auch so ließe sich die Explosion der Fallzahlen in Saudi-Arabien erklären. Dazu kommt, dass die Medien vor Ort die Sache unglaublich hoch gekocht haben.