„Divi-Gate“: Betrugsverdacht in Krankenhäusern weiter unaufgeklärt

In der Pandemie hat die Politik die Krankenhäuser mit Milliarden Euro subventioniert. 10,2 Milliarden Euro flossen an sogenannten Ausgleichszahlungen, 686 Millionen Euro für neue Intensivbetten. Doch bis heute ist nicht geklärt, ob zu Recht. Der Bundesrechnungshof legte im Juni sogar einen Bericht vor, in dem er den Betrugsverdacht nährte. Divi-Gate – so wird der Verdacht seither genannt. Die Aufklärung kommt nicht voran.

Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/corona-intensivbetten-betrugsverdacht-divigate-100.html


Vor allem die Helios-Kliniken stechen hervor: Fast 170 Millionen Euro flossen in der Pandemie in die 20 Krankenhäuser des Konzerns in Mitteldeutschland, allein 31 Millionen Euro ins Helios-Klinikum Erfurt. Aber auch das Park-Klinikum in Leipzig und die Krankenhäuser in Mansfeld-Südharz erhielten laut Bundesgesundheitsministerium zweistellige Millionenbeträge. Zurecht? Oder hat der Konzern mit falschen Zahlen Fördermittel erschummelt? Helios will dazu keine Stellung nehmen. Das Unternehmen teilt schriftlich mit: "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aktuell kein Interview zum angefragten Thema geben werden."

Politik machte Gelder laut Experten zu leicht zugänglich
Auch andere private Klinikkonzerne wie SRH oder Ameos bekamen in Mitteldeutschland zweistellige Millionenbeträge, ebenso die Universitätskliniken. Der Verdacht, mit falschen Angaben Subventionen kassiert zu haben, steht dabei bis heute im Raum. Experten weisen immer wieder daraufhin, dass die Politik die Gelder viel zu leicht zur Verfügung gestellt hat.

So wie der Infektiologe Matthias Schrappe, der schon vor reichlich einem halben Jahr falsche Intensivbettenzahlen vermutet hatte: "Der Krankenhaus-Schutzschirm 2020 hat den Krankenhäusern in Deutschland das erfolgreichste Jahr in der Geschichte der Bundesrepublik in den Bilanzen beschert. Helios hat die höchste Dividende seit Bestehen des Konzerns ausgeschüttet."
Kliniken könnten falsche Angaben bei Bettenknappheit gemacht haben
Dabei geht es vor allem um zwei Subventionen – die erste: Ausgleichszahlungen. Das sind Gelder, mit denen der Bund bis heute Kliniken dafür entschädigt, dass sie Betten für Covid-Patienten freihalten. Die Idee dahinter ist eigentlich gut: Werden irgendwo Betten knapp, gibt es einen finanziellen Ausgleich, damit Krankenhäuser andere Aufnahmen oder OPs verschieben.

Doch das führe eben auch zu Fehlanreizen, kritisierte der Bundesrechnungshof bereits vor einem halben Jahr. Der Verdacht lautet: Kliniken könnten absichtlich eine Bettenknappheit melden, um an das Geld zu kommen. Bewiesen werden konnte der Verdacht nie. Und Joachim Odenbach, Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft, weist ihn weit von sich: "Wir haben keine Fehlanreize, Betten wegzurechnen oder zu sagen, wir haben eine ganz dramatische Situation, damit mehr Geld fließt. Im Gegenteil: Die Kliniken versuchen momentan so viele Intensivbetten wie möglich sicherzustellen."
Zweiter Verdacht: Weniger Intensivbetten geschaffen als angegeben
Der zweite Betrugsverdacht betrifft die Intensivbetten-Förderung. 2020 zahlte der Bund Krankenhäusern für jedes neu geschaffene Intensivbett 50.000 Euro. Der Bundesrechnungshof rechnete nach, dass so deutschlandweit 13.700 neue Betten mit Beatmungsmöglichkeit entstanden sein müssten. Aber wo? Gibt es diese Betten tatsächlich oder haben die Kliniken nur das Geld für sie kassiert? Der Bundesrechnungshof kritisiert auf Anfrage von MDR AKTUELL erneut: "Der Bundesrechnungshof bleibt nach wie vor bei seiner Forderung, dass der Verbleib und die tatsächliche Einsatzbereitschaft der mit der Förderung geschaffenen Intensivbetten zu klären ist."

Wo sind die Betten? Die Aufklärung kommt nur schleppend voran. Das Bundesgesundheitsministerium bat inzwischen die Länder um Informationen, denn die waren für die Auszahlung der Gelder zuständig. Auf Anfrage von MDR AKTUELL teilt das Bundesgesundheitsministerium mit, es habe zwar Informationen aus den Ländern erhalten und werte diese gerade aus. Jedoch bestehe in den Ländern insgesamt eine sehr unterschiedliche Bereitschaft, die Vorgänge zu prüfen.