Nach Bayern und Hamburg: Auch in Sachsen Auffälligkeiten in der Inzidenzstatistik

Nach ungenauen Daten zu den Inzidenzwerten von Geimpften und Ungeimpften in Bayern und Hamburg zeigen Recherchen, dass auch die Angaben aus Sachsen höchst unpräzise waren. Die offiziellen Zahlen wurden sogar für einen Gesetzentwurf benutzt.

Die missverständlichen Darlegungen zu den Inzidenzwerten von Geimpften und Ungeimpften in den Bundesländern Bayern und Hamburg sorgten für erregte Diskussionen in der Gesellschaft. Aktuelle Recherchen für Die Welt (Bezahlschrankebeweisen nun, dass auch im Freistaat Sachsen die regierenden Politiker mit diskussionswürdigen Zahlen gearbeitet haben.

Quelle: https://de.rt.com/inland/128930-nach-bayern-und-hamburg-nun/


Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) arbeitete und argumentierte – ähnlich wie seine Amtskollegen in Hamburg und München – mit Inzidenz-Darstellungen, die als Ausgangspunkt für staatliche Eingriffe dienten. Am 5. November nannte er zum Beispiel im Deutschlandfunk "eine Inzidenz von 700 bis 800 bei den Ungeimpften" – bei Geimpften läge sie bei 70 bis 80. Am 18. November teilte Kretschmer im sächsischen Landtag mit seinem Verweis auf die Zahlen mit: "In der Tat ist es so, dass die Inzidenz bei den nichtgeimpften Bürgerinnen und Bürgern bei 1.800 liegt und bei denen, die geimpft sind, bei 63."

Einen Tag später kündigte der sächsische Ministerpräsident neue Corona-Maßnahmen an, sprach laut dem Artikel von einer "Inzidenz von 1.800, 1.900 bei den Ungeimpften" und einer von "50, 60" bei den Geimpften.

Der Welt-Artikel weist darauf hin, dass im Gesetzentwurf der Fraktionen von der SPD, der FDP und Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag zur "Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite" vom 8. November auf die sächsische Statistik Bezug genommen wurde: "Auf Grundlage der sächsischen Zahlen wurde bundesweit die Arbeitsschutzverordnung verschärft."

Laut Angaben der Welt ließ sich das sächsische Sozialministerium gut drei Wochen Zeit, um einen diesbezüglichen Fragenkatalog von Journalisten zu beantworten. Die Fragen der Journalisten an das Ministerium vom 2. Dezember lauteten:

Wie viele Neuinfektionen gab es in Sachsen in der letzten Kalenderwoche, die bereits vollständig ausgewertet wurde?
Bei wie vielen Neuinfektionen in eben jener Kalenderwoche war der Impfstatus der infizierten Personen bekannt?
Wurden die Personen, bei denen der Impfstatus nicht bekannt war, in eine der beiden Gruppen – geimpft oder ungeimpft – eingeordnet?

Das Sozialministerium von Sachsen schickte demnach am 3. Dezember als Antwort ein ausführliches Statement. Das Problem dabei blieb: "ohne Zahlen. Stattdessen die Info, die diesbezügliche Datenlage sei 'aktuell nicht belastbar'", so die Darstellung der Welt. Die Zeitung bat laut dem Artikel das Sozialministerium daraufhin am vergangenen Freitag erneut um die Zahlen "zu eben jener Ausweisung zum 2. November, die im Gesetzesentwurf gestanden hatten", mit einer festgelegten Frist für die Beantwortung bis Montag.

Am Montag wurde der Zeitung dann mitgeteilt, das Ministerium brauche noch mehr Zeit: "Am Dienstag: eine Antwort, aber keine Zahlen, immerhin der Hinweis: 'Wenn keine Angaben vorliegen, gilt die Person zunächst als ungeimpft und wird dieser Gruppe zugeordnet.'" Die Zusendung erfolgte final am Mittwoch, mit dem im Artikel der Welt veröffentlichten Ergebnis:

"12.374 Fälle in der Woche vor dem 2. November, Inzidenz 72 zu 597, und: 'In 30 bis 40 Prozent der Fälle wurde nach Angaben der Landesuntersuchungsanstalt in diesem Zeitraum angegeben, dass der Impfstatus nicht erhoben/nicht ermittelbar war.'"

Die Welt resümiert, dass der Freistaat Sachsen mit ähnlichen politischen Vorgehensweisen arbeitet und argumentiert wie die verantwortlichen Politiker in Bayern und Hamburg. Die AfD-Fraktion im sächsischen Landtag erklärte laut Welt daraufhin, "die statistische Erhebung des Sozialministeriums sei von Anfang an politisch motiviert, um den Impfdruck zu erhöhen."

Ministerpräsident Kretschmer selbst wollte sich auf Anfrage der Welt nicht zu der Angelegenheit äußern. Aus der Staatskanzlei wurde demnach mitgeteilt, "über die Art und Form der Datenerhebung keine Informationen gehabt zu haben." Das Sozialministerium teilte der Welt zudem mit: "Die Krankenhäuser melden uns weiterhin regelmäßig, dass die Mehrheit der Corona-Patienten auf den Intensiv-Stationen ungeimpft sind."