Phänomen in Israel – Geimpfte verweigern jetzt den Booster – ihre Begründung ähnelt der der Impfgegner

Während Experten schon von einer vierten Impfung sprechen, haben in Israel 15 Prozent der doppelt Geimpften noch keinen dritten Pieks erhalten. Die Daten zeigen: Es sind vor allem junge Menschen. Und ihre Begründung gleicht der von Impfverweigerern.

Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/coronavirus/ueber-eine-million-israelis-in-israel-verweigern-15-prozent-den-booster-die-gruende-gleichen-derer-der-impfgegner_id_25776903.html


Seit Ende Juli werden Menschen in Israel geboostert. Jetzt haben sich die Impfberater des israelischen Gesundheitsministers bereits für die vierte Impfung ausgesprochen. Doch rund 15 Prozent der über 16-Jährigen - mehr als eine Million Israelis - verweigern derzeit noch die Booster-Impfung. Gesundheitsbehörden und Experten erforschen derzeit, warum diese Gruppe sich zwar zweifach impfen lässt, jedoch die dritte Impfung ablehnt - obwohl mittlerweile belegt ist, wie wichtig der Booster-Shot für den Schutz vor dem Virus ist.

Auffällige Trendwende in Israel: Besonders die Jüngeren lehnen die Booster-Impfung ab
Auffällig ist: Je jünger die doppelt Geimpften, desto größer der Anteil derer, die bislang noch keine Booster-Impfung erhalten haben. Von den 16- bis 18-Jährigen ist bisher nur die Hälfte geboostert, von den 19- bis 29-Jährigen wurden bisher 37 Prozent der Geimpften noch kein drittes Mal geimpft, wie Daten der der Krankenversicherung "Clalit Health Services HMO" zeigen. Bei den 30- bis 39 Jährigen lehnen derzeit noch 30 Prozent eine Auffrischimpfung ab, bei den 40- bis 49 Jährigen sind es 24 Prozent.

"Wir erhalten alle möglichen Antworten und Gründe, aber wir haben das Gefühl, dass die Menschen den Willen verloren haben", sagte Ruth Baruch, die die Coronavirus-Impfkampagne der Versicherung leitet, der Online-Newsseite "Haaretz". "Sie dachten, die Sache wäre mit zwei Impfdosen erledigt, aber jetzt sagen sie sich: 'Was, jetzt lassen wir uns alle sechs Monate impfen, wie bei der Grippe? Dagegen werden wir auch nicht geimpft.'"

Studie: Ähnliche Gründe wie grundsätzliche Impf-Verweigerer
Eine Befragung der Washington University in St. Louis hat ergeben, dass die Gründe der "Booster-Verweigerer" ähnlich sind wie die derer, die die Corona-Impfung grundsätzlich ablehnen. In der jüngsten Umfrage vom November wurden 2400 Israelis, die die ersten beiden Dosen erhalten hatten, gefragt, warum sie die Auffrischungsimpfung nicht erhalten haben.

Ganze 37 Prozent nannten die Angst vor langfristigen Nebenwirkungen, 35 Prozent hielten die Auffrischungsimpfung für unnötig und 33 Prozent befürchteten kurzfristige Nebenwirkungen. 19 Prozent der Befragten gaben an, schwanger zu sein, zu versuchen, schwanger zu werden oder zu stillen, während 12 Prozent sagten, sie müssten sich nicht impfen lassen, solange es andere Menschen tun. Neun Prozent sagten, sie hätten keine Zeit oder könnten nicht in eine Impfklinik gehen. 

"Die Menschen fühlen sich geschützt" - und sehen Booster als nutzlos
Auch Baruch berichtet aus Telefongesprächen mit Patienten, dass viele den Eindruck hätten, dass die Pandemie wäre kein relevantes Thema mehr und die dritte Impfung somit sinnlos. Andere meinen, die Varianten würden sich ohnehin verändern, und fragen sich was passiert, wenn in zwei Wochen wieder eine neue Variante auftaucht, gegen die der Impfschutz erneut zu schwach sei.

Der Arzt Abed Altif Mahameed, ein Meuhedet-Arzt, dessen Patienten aus der Region Wadi Ara stammen, sagte, der größte Faktor für den Widerstand gegen die Auffrischungsimpfung sei, dass die Menschen keine Angst mehr vor dem Virus hätten. "Die Menschen fühlen sich geschützt", sagte er. Die Krankenhäuser seien derzeit nicht überlastet, es gebe nicht mehr so viele schwer kranke Patienten. Auch die Jahreszeit spiele eine wichtige Rolle:  "Der Sommer in der arabischen Gemeinschaft ist voller Veranstaltungen", erklärte er, und die strengen Vorschriften "drängten die Menschen zur Impfung." Das sei nun vorbei.

Eigentlich gilt in Israel deswegen der strenge Green-Pass. Nur wer dreimal geimpft, genesen oder negativ getestet ist, hat beispielsweise Zugang zu Kultur-und Sportveranstaltungen, Museen, Hotels, Restaurants oder Cafés. Doch in der Praxis überprüfen das viele Betreiber gar nicht. Ein weiterer Rückschlag: Ab Freitag sollten diese Regeln in den Einkaufszentren gelten. Doch zahlreiche Ladenbesitzer stellen sich quer, selbst in der Regierung gab es Widerstand. Deswegen musste Gesundheitsminister Nitzan Horowitz den Plan wieder entschärfen. 

Könnte Deutschland dasselbe drohen?
In Deutschland haben mittlerweile 27,6 Prozent der vollständig Geimpften ihren dritten Pieks erhalten (Stand: 16. Dezember). Es wird erwartet, dass in den nächsten Wochen noch viele hinzukommen werden, auch weil in Deutschland die Gefahr der Omikron-Variante  eine zunehmende Rolle spielt und der Schutz durch die Booster-Impfung einen erheblichen Unterschied macht.

Doch Israel ist Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern in der Pandemie immer einen Schritt voraus. Heißt: Auch in Deutschland könnte sich das Interesse an Booster-Impfungen in einigen Wochen auf einem Plateau einpendeln. Um das in ganz Europa zu vermeiden, will die EU-Kommission die Gültigkeit der Covid-Impfzertifikate von aktuell zwölf auf nur noch neun Monate verkürzen.