Coronaviren tummeln sich im Fettgewebe

Schon früh in der Pandemie hat sich gezeigt, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 bei stark übergewichtigen Menschen häufiger schwer verläuft. Das Virus nistet sich im Fettgewebe ein und ruft dort Entzündungsreaktionen hervor. Die gute Nachricht: Es existieren bereits zugelassene Medikamente, die das womöglich bremsen können.

Forscher des Heinrich-Pette-Instituts (HPI) in Leipzig und der Uniklinik Hamburg Eppendorf (UKE) haben untersucht, welche Rolle Fettgewebe für die Virusinfektion und Virusvermehrung bei SARS-CoV-2 spielt und wie sich das auf den menschlichen Stoffwechsel auswirkt.

Dazu haben sie das Fettgewebe verstorbener COVID-19-Patienten untersucht. Häufig stellten sie dabei einen Befall der Zellen mit dem Virus fest. Das traf vor allem auf fettleibige Männer zu. Bei Frauen war der Zusammenhang zwischen der Menge an Körperfett und der Menge an Virus nicht eindeutig.

Quelle: https://www.netdoktor.de/news/coronaviren-tummeln-sich-im-fettgewebe/


Entzündungsreaktionen im Fettgewebe
Offenbar breitet sich das Virus von den Atemwegen ausgehend auch im Fettgewebe aus und vermehrt sich dort. Daraufhin entwickeln sich dort Entzündungsreaktionen, die den gesamten Stoffwechsel beeinflussen können. Die Viren scheinen unter anderem die Aktivität von Genen in den Zellen zu beeinflussen, die den Fettstoffwechsel regulieren.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die bei Patienten mit COVID-19 beschriebenen Veränderungen des Stoffwechsels durch die SARS-CoV-2-Infektion der Fettgewebe erklärbar sind“, erläutert Jörg Heeren, Professor für Immunstoffwechsel am Institut für Biochemie und Molekulare Zellbiologie des UKE.

In Kulturen von menschlichen Fettzellen konnten die Forscher zudem nachweisen, dass der Fettstoffwechsel innerhalb der Zellen für die Ausbreitung von SARS-CoV-2 ein maßgeblicher Faktor ist. Das lässt sich unter Umständen für die Behandlung ausnutzen.

Medikamente hemmen die Virusvermehrung
So kann ein sogenannter Lipase-Inhibitor (Tetrahydrolipstatin), der den Fettabbau in den Zellen blockiert, die Vermehrung des Virus in der Zelle um das 100-Fache reduzieren. Verabreichten die Forscher den Zellen zugleich einen klassischen Cholesterinsenker (Atorvastatin), wurde die Replikation der Erreger noch weiter unterdrückt.

„Da es sich dabei um zwei bereits gegen andere Krankheitsbilder zugelassene Wirkstoffe handelt, könnten unsere Ergebnisse eine Basis für neue Behandlungsstrategien gegen COVID-19 darstellen“, erläutert Gülşah Gabriel, Leiterin der HPI-Abteilung „Virale Zoonosen - One Health“.

Ob sich der Einsatz der Medikamente in der Behandlung von COVID-19-Patienten tatsächlich bewährt, müsste jetzt im Rahmen von Anwendungsstudien überprüft werden.