Drosten über „Kinderquäler“-Vorwurf: „Kein Politiker hat das je richtiggestellt“

Virologe Christian Drosten weist die Verantwortung für Schulschließungen während der ersten Welle der Corona-Epidemie von sich.

Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/news/top-virologe-drosten-der-kinderquaeler-wehrt-sich-gegen-vorwuerfe-und-kritisiert-die-politik_id_24415289.html

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Im Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit" sagt Drosten, dass er nur lokale Schließungen einzelner Schulen befürwortet habe. „Und das hätte in der ersten Welle wahrscheinlich auch gereicht.“ Er habe das den verantwortlichen Ministerpräsidenten auch so gesagt. „Aber am nächsten Morgen kamen die Nachrichten, dass ein Bundesland nach dem anderen die Schulen schließt. Das muss die Diskussionsdynamik dieser Ministerpräsidentenkonferenz gewesen sein, nachdem wir den Raum verlassen hatten.“

Christian Drosten: "Wer das vorangetrieben hat, weiß ich nicht"
Die Gründe dafür sind dem Star-Virologen bis heute ein Rätsel: „Wer das vorangetrieben hat, weiß ich nicht. Ich war nicht dabei. Ich kann nur deutlich sagen: Das war ein rein politischer Beschluss, das ist nicht von der Wissenschaft so empfohlen worden.“ Ihn ärgere das, so Drosten, weil ihm diese Entscheidung trotzdem bis heute anhänge: „Herr Drosten ist verantwortlich für das Schließen der Schulen. Drosten, der Kinderquäler. Keiner der beteiligten Politiker hat das je richtiggestellt.“

Drosten berichtet im Gespräch mit der "Zeit" auch, wie er herausfand, dass das Corona-Virus auch in Deutschland zirkulierte. Sehr gut erinnert sich der Forscher an den ersten innerdeutschen Fall: „Dass der gefunden wurde, war reiner Zufall.“

Der Mann sei nicht im Ausland gewesen und sein Labor habe ihn mit anderen Patienten auf Influenza testen sollen, dann aber entschieden „aus Spaß“ parallel den gerade erst eingeführten Corona-Test zu machen: „Und zack, einer war positiv. Der hatte sich aus heiterem Himmel hier in Deutschland infiziert.“ Für ihn, so Drosten, habe es da keinen Zweifel mehr gegeben: „Da war mir klar, das Virus zirkuliert bereits im Land.“

"Tierhaltung bietet ideale Bedingungen für ein Virus, um sich an die Menschen anzupassen"
Die moderne Massentierhaltung hält Drosten für gefährlich. Der "Zeit" sagt Drosten: „Die Tierhaltung bietet ideale Bedingungen für ein Virus, um sich an den Menschen anzupassen.“ So stünden etwa die Marderhunde, die für die chinesische Pelzindustrie gehalten würden, mit dem Sars-Virus in Verbindung, während es im Mittleren Osten Kamele seien, von denen eine Gefahr ausgehe: „Bei Kamelen gibt es das Mers-Virus, das den Menschen befallen und auch von ihm weitergegeben werden kann.“ Auch Europa mit seiner Massentierhaltung sei eine potenzielle Brutstätte für neue Erreger: „Was wir hier mit den Schweinen machen, ist auch nicht gut.“ 

Insgesamt werde sich das Problem angesichts der wachsenden Weltbevölkerung noch verschärfen, glaubt Drosten: „Eine wachsende Menschheit mit einem wachsenden Fleischhunger: Hier steckt das Risiko für künftige Pandemien.“ So werde es auch in Afrika bald mehr industrielle Landwirtschaft geben. „Und das in Regionen mit großer Wildtier-Diversität. Da mache ich mir dann noch größere Sorgen: Die Ratte läuft in den Stall, die Fledermaus hängt unterm Dach. Was bringen die mit?“